47 - Die tönernen Füße der Schuldenbremse
Eine konventionellere Gewichtung hätte ihrem Ruf weniger geschadet.
Die Forschenden Kenneth Rogoff und Carmen Reinhard von der Harvard University postulierten 2010, dass eine Überschreitung der Staatsverschuldung um 90% der Wirtschaftsleistung eine negative Auswirkung auf das Wirtschaftswachstum eines Staates hat. Diese Grundannahme ist sowohl die Basis der deutschen Schuldenbremse als auch der Sparauflagen der Euro-Rettungspolitik. Der Versuch das Ergebnis anhand der zugrunde liegenden Daten zu replizieren gelang allerdings nicht. Tatsächlich wurden in die Studie aus dem Jahr 2010 Daten für bestimmte Jahre nicht aufgenommen, einige Fälle ungewöhnlich stark gewichtet und mehrere Länder versehentlich nicht berücksichtigt.
Das der fehlgeschlagenen Replikation folgende Medienecho schadete dem Ruf der beiden Ökonomen erheblich. In der Replikationsstudie als auch in einer Nachfolgestudie der Harvard-Forschenden blieb der grundlegende Zusammenhang zwar bestehen, allerdings war die Verminderung der Wachstumsraten weniger gravierend als ursprünglich berechnet.
Dieses Beispiel zeigt, dass einzelne Entscheidungen im Verlauf der Datenanalyse gut dokumentiert und in den zugehörigen Publikationen genannt werden müssen, um den Verdacht von Datenmanipulation zugunsten besonders spektakulärer oder signifikanter Ergebnisse gar nicht erst aufkommen zu lassen. Auch die Präregistrierung von Studien bei einem entsprechenden Journal ist ein guter Schritt um Forschungsfrage, Forschungsdesign und –umsetzung unabhängig begutachten zu lassen.